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Multi`s. Eine Lektion in “Global-Playing”

Donnerstag, 30. September 2010, geschrieben von Mimi Müller

Das hier , dieses “Stadtfenster” wird uns – was die Kosten wie den Nutzen angeht – auch noch um die Ohren fliegen. Genau wie das tolle neue Berufsschulcenter.

Ein Stattrat, der in völliger Unkenntnis des genauen Sachverhaltes ihm vorgegebenen Beschlüsse “auftragsgemäß” fasst, und dergestalt “Blankoschecks” erteilt, wie hier geschehen, ist eines der Übel, die der Demokratie erheblich schaden. Dazu habe ich mich im vergangenen Jahr schon mehrfach geäußert, wenn Sie sich weitergehender informieren wollen, so können Sie das im ersten Teil der Tagebuches nachlesen. Dort finden Sie auch eine Vielzahl an weiterführenden Informationen und “Fachliteratur” deren Inhalte es sich dringend anzueignen gilt. Neben Anderem, war damals  auch schon von PPP-Projekten die Rede.  Hier eine von vielen Warnungen:

22. Juli 2009 -  Public Private Partnership oder: Heuschrecken im Anflug

Ich will mich – aus gegebenem Anlass – noch einmal zu den  PPP-Projekten äußern , denn die heutigen Nachrichten geben hinreichend Anlass dazu und sollten uns alarmieren. Hier noch ein weiterer Link, zur besseren Vorbereitung: Heuschrecken im Öffentlichen Raum. Das Buch von Herrn Rügemer lege ich insbesondere denen ans Herz, die jetzt schon im Rat der Stadt Duisburg sitzen und/oder ein solches Mandat anstreben. Das geht nicht an, dass Sie über Ihnen unbekannte Verträge und Finanzkonstruktionen abstimmen und positiv entscheiden und die Bürger der Stadt Duisburg weiter in die Schuldenfallen treiben. Müssten Sie persönlich für diese Entscheidungen haften: Ich wäre sicher, Sie lehnten diese Konstrukte ganz entschieden ab. Dass ich keinen von Ihnen bei dem Kongress in Mülheim gesehen habe, ist erschreckend. Sie muten den Bürgern zu, für Ihre Entscheidungen finanziell einzutreten, ohne sich in verantwortlicher Weise mit der Thematik auseinandergesetzt zu haben. Ich bitte Sie dringend, sich nun endlich fachkundig zu machen. Jeder Einzelne wird von uns in die Verantwortung genommen und in Zukunft namentlich benannt werden, wenn die Frage gestellt werden wird, wer solche Projekte gebilligt und vorangetrieben hat…Sie haben die Gelegenheit sich umfassend zu informieren: Tun Sie es! … Und fangen Sie gleich damit an…. ”

Und? Haben Sie es getan? Wissen Sie es heute, was das für Verträge sind? Und was die uns in den nächsten zweieinhalb Jahrzehnten kosten werden? Oder wollten Sie dies, wie so vieles andere auch, nicht genauer wissen? Waren Ihnen die Hände gebunden, wie sie Ihnen ja ständig gebunden sind? (Von wem eigentlich? Und womit?)  In den nächsten Tagen wird wieder einer dieser dubiosen Kontrakte unterzeichnet. Und der gute Herr Funke freut sich schon auf  mehr …

Wenn Sie, die Bürger, nicht wissen, was das für Verträge, für Finanzierungsmodelle sind, die in dieser Stadt gepflegt werden, dann sollten Sie den Tag der offenen Tür im Rathaus , am Sonntag der Neuen Einheit,  nutzen.  Sie werden dazu  ja herzlich eingeladen und auch für ihr leibliches Wohl wird gesorgt sein, steht da. Und die  Ratsmitglieder machen Führungen.  Eine gute, eine schöne Gelegenheit, mal nachzufragen. Sich das erklären zu lassen. Da sind ja dann alle da, alle beisammen, die wissen müssten, welchen Dingen sie da zugestimmt haben.  Fragen Sie sie !!! Lassen Sie sich das erklären. In den Ratssitzungen dürfen Sie das ja nicht und wann es mal wieder eine Bürgersprechstunde gibt, das weiß man nicht. Und da werden die Fragen ja auch vorsortiert. Das dauert ewig, bis Sie da dran und an Antwort kommen, aber dafür ist ja ein Tag der offenen Tür da:  Dass Sie durch die geöffnete Tür auch gehen, sich umschauen und informieren.

Ich fürchte, Sie werden feststellen müssen, daß die Damen und Herren Statträte nicht die geringste Ahnung, keine Antwort auf Ihre diesbezüglichen Fragen haben.  Dennoch: Fragen Sie, fragen Sie, fragen Sie ! Damit Sie endlich merken, daß da Leute Ihre Interessen “ver”treten,  die nicht einen blassen Schimmer von dem haben, was sie dann tun, was sie verabschieden, und was sie zu verantworten hätten, wäre das Wort Verantwortung im Duisburger Duden nicht grad gestrichen. Für all das werden wir, unsere Kinder und Enkelkinder noch zweieinhalb Jahrzehnte gradezustehen haben, finanziell belastet, weit über alle vertretbaren Grenzen hinaus. Denn wir sind die “Ankermieter”, hier wie an anderen Orten, die diese florierenden Geschäfte möglich machen. Denn wenn “wir” nicht grade für “Sponsoren” etwas bauen, dann reissen wir ab, was wir haben. Und mieten für teuer Geld “was Neues”.  Hätten unsere politischen Vertreter nicht diese ruinösen Verträge unterzeichnet, hätte sich wohl kein anderer gefunden, der in solche Gebäude investiert hätte. Für die riskante Realisierung von Luftschlössern, am Bedarf des Marktes vorbei,  zu astronomischen Preisen, verbunden mit der Abnahme viel weitergehender “Dienstleistungen”, immer öfter auch verbunden mit dem Verzicht der Einrede, dem Rückbehalt bei mangelhafter Leistung, – dafür sind “echte” Unternehmer nämlich zu intelligent.  Aber mit den Möchtegerns aus der globalen Provinz, da lassen sich solche Verträge gut schließen. Und da spielt es dann auch gar keine Rolle mehr,  welcher Partei die angehören, am Ende sind immer genug dabei, die ihre “Fraktion” im Griff und ansonsten keine Ahnung haben. Und die Städte in den Ruin treiben. Achwas: getrieben haben. Vergangenheit. Wenn auch noch nicht vollendet.

Es sind nämlich nicht die Bürger, die diese Krise herbeigeführt haben. Es sind die immergleichen Akteure. Auf  Seiten der Wirtschaft: Hochprofessionalisierte Globalplayer mit einem Heer von Anwälten.  Und dieser internationalen Spitzentruppe tritt nun auf dem innerörtlichen Stoppelfeld eine Thekenmannschaft entgegen, wie sie unfähiger nicht sein könnte, eine Trümmertruppe ohne jede Aussicht, auch nur die erste Halbzeit durchzustehen.  Ohne Technik.  Keine Ahnung vom  Spielaufbau. Trainingsschwänzer, bewegungsfaul, ohne nenneswerte Kondition. Und, was am schwersten wiegt: Willensschwach und ohne jeden Kampfgeist. Der erste FC Ahnungslos Duisburg trifft auf die Dagobert-Duck-Sharks…”Hauptzach dä Träner weiß,  wo`t lang geht”.  Aber “dä Trainer” weiß gar nix.  “Dä Träner” hat selbst grad noch die Schulbank gedrückt. Und auf seinem Stundenplan stand “Globalplaying” gar nicht drauf…

Die Lage ist bei weitem schlimmer, als Sie das “schon immer geahnt” haben.    Wachen Sie endlich auf! Denn das ist das eigentliche Problem:  Sie ahnten das, aber sie wollten es nicht wahrhaben. Sie haben den Kopf in den Sand gesteckt, statt das Haupt zu erheben, das Rückgrat zu stärken und die Augen aufzumachen, um Ihren Ahnungen mal nachzugehen. Sie haben jede Menge Gründe gefunden, nicht mehr wählen zu gehen, statt nachdrücklich darauf zu bestehen, daß zumindest doch die Wahlversprechen eingehalten wurden. Sie haben alles geschluckt, haben alles hingenommen, haben den Kopf täglich tiefer in den Sand gebohrt. Haben “die Trümmertruppe” allein weiterwursteln lassen…Sie wussten, das das nicht gut gehen konnte! Aber sie wollten es nicht wahrhaben..

Und das ist unser Teil der Verantwortung an allem Geschehenen:  Dass wir uns frustriert zurückgezogen haben, statt unserem Willen Ausdruck zu geben und ihm Nachdruck zu verleihen.

Die Toten der Loveparade waren Opfer dessen, was ich, ganz zu Beginn dieser Betrachtungen, die “organiserte Verantwortungslosigkeit” schon genannt habe.  Diese Verantwortungslosigkeit zieht sich durch das gesamte Handeln der Stadtspitze. Ich habe auch geschrieben, daß ich das was geschah, nicht für das Versagen Einzelner, sondern für das Versagen des Systemes der organisierten Verantwortungslosigkeit halte. Hier traten erstmalig die Folgen offen in Erscheinung. ( Und sollen jetzt schnell aus der Erinnerung geslöscht werden) An anderen Stellen, wie bei der Gebag,  zeichnen sie sich ab, aber an weiteren sind die unausweichlichen Folgen nur noch nicht sichtbar.  Nach und nach werden all die Fassaden aber zu bröckeln beginnen, werden die Trümmer dieser “Visionen” vom Himmel fallen, wie einst die Glasscheiben vom Foster-Schiff an der Mülheimer Strasse…

21 Tote, über 500 Verletzte. Ein Oberbürgermeister der sich weigert, Verantwortung zu übernehmen, seine Partei, die ihn stützt, ein Stattrat, der sich gebunden sieht. Und am Ende aber auch nichts anderes will, als weiter machen.  Mit einem Anderen an der Spitze zwar, aber weitermachen. Wie bisher.

Wie dieses “Bisher” aussieht, daß man Ihnen auch für die Zukunft zumuten will, was der Mensch darin gilt (oder eben auch nicht gilt ), das versuche ich aufzuzeigen.  Er steht mit seinen Bedürfnissen, seinen Ängsten und Nöten, schon lange nicht mehr im Mittelpunkt des politischen Handelns.  Das wird von ganz anderen Interessenslagen geprägt, bei denen wird nur noch am Rande vorkommen. Und dieser Umstand bedroht nun unser gesamtes Gesellschaftsleben, unsere körperliche, materielle und seelische Existenz. Das zu ändern, daran möchte ich heute wieder erinnern, hat ein verwaister Vater uns gebeten.  Dem Tod seines Kindes einen Sinn zu geben, das war seine Bitte.  Und eine verwaiste Mutter fordert nun mit dem zweiten Offenen Brief , dass endlich Konsequezen gezogen werden.

Selbst wenn wir nicht so eindringlich gebeten worden wären, wenn wir uns ihnen und den Getöteten nicht verpflichtet fühlten : wir müssten es für uns selbst tun.

Es duldet keinen Aufschub mehr.